Point of no return!

Im Mai 2013 habe ich hier meinen ersten Beitrag verfasst. Im Juni 2014 meinen letzten. Dazwischen liegen eine Menge Leben, viel Liebe und mehr Kilos als ich zu zählen vermag – und zwar sowohl in die eine als auch in die andere Richtung…

Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich das, was mein Leben bald von Grund auf ändern wird, wirklich teilen will. Bin ich tatsächlich bereit, mich derart zu zeigen und andere Menschen an dem teilhaben zu lassen, was alles verändern wird? Gebe ich mir die Blöße, mich vor euch hinzustellen und dazu zu stehen, dass ich nun eine Entscheidung getroffen habe, die viele nicht nachvollziehen können?

Auch wenn ich grossartige Freunde und tolle Eltern habe, die immer hinter mir stehen und mich in allem unterstützen, was ich mache. Wirklich überzeugt ist kaum einer von dem, was ich vorhabe. Dennoch, ICH habe mich entschieden. Am 02. Dezember 2015 fiel die endgültige Entscheidung und seitdem ist eine Last von meinen Schultern gefallen, die mir vorher überhaupt nicht bewusst war. Doch als die Entscheidung nicht nur getroffen sondern auch ausgesprochen war, hatte ich das Gefühl, mindestens fünf Zentimeter über dem Boden zu schweben. Bis ich diese Entscheidung treffen konnte, ist jedoch über ein Jahr ins Land gegangen. Fast genau so lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich sie publik machen will und kann. Aber ja. Ich muss. Denn ich spüre jeden Tag, wie dankbar ich all jenen bin, die den Weg vor mir gegangen sind und die mich an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. All jene, die mir quasi den Weg geebnet haben und mich ein wenig auf das vorbereiten, was da vor mir liegt.

Immer wieder habe ich mich gefragt, warum mein Körper so beharrlich an seinen Kilos festhält. Manchmal hat er mir ja ein paar zur Entsorgung überlassen, aber nur um sie sich hinterrücks wieder aufzuladen. Oft mit meiner Hilfe, aber hin und wieder auch jenseits meiner Wahrnehmung.

Ich weiss schon – meine Disziplin ließ schon das ein oder andere Mal zu wünschen übrig. Ich esse zu gern und geniesse noch lieber. Dennoch… irgendwann wurde es schon seltsam, dass meine Hülle sich eher weitete anstatt sich zu minimieren und das trotz nicht allzu katastrophaler Ernährung und Sport. An einem Punkt wurde sogar mein Arzt hellhörig und checkte mich mal richtig durch und NEIN!!! Ich komme jetzt nicht dem dem Schildrüsen-Joker oder sonst einer Krankheit, die es mir erlaubt, mich hinter ihr zu verstecken und schamlos aus allen Nähten zu platzen. Denn das WILL ich gar nicht. Ich will mich nicht mehr entfalten. Ich will mich wohlfühlen und das kann ich nicht, solange ich so viel wiege, dass meine Knochen lauter knirschen als morsches Holz und meine Atmung einer Dampflok gleicht, wenn ich mich auch nur einer Steigung von 0,5% gegenüber sehe.

Ich lebe in einem traumhaften Land, das mich jeden Tag dazu auffordert, es zu erkunden und zwar zu Fuss, beim Wandern, Fahrrad fahrend und auf den Skiern. Leider geht das nicht. Nicht so, wie ich jetzt bin.

Nachdem mein Arzt ausgiebig Graf Dracula gespielt hat und mich zusätzlich zu einem Spezialistem schickte, hatten wir die Antwort. Vielmehr hatte er sie. Eine hormonolle Erkrankung, die dafür sorgt, dass ich die überschüssigen Kilos wie Magnete anziehe aber nicht mehr hergebe. Grossartig nicht wahr? Anders herum wäre es mir lieber. Tja – gepaart mit meinem BMI, der deutlich über meinem Alter liegt (und nein, ich bin nicht mehr 25), sinken die Chancen, auf einem gesunden Wege dauerhaft abzunehmen, rapide.

Und jetzt?

Ja. Ich habe durchaus mit dem Gedanken gespielt, Weight Watchers noch eine Chance zu geben. Oder mich wieder vegan zu ernähren. Oder vielleicht doch Paleo? Ich hatte sogar schon einen Termin bei Felix Klemme in Bonn… Viel Hoffnung machte mir mein Arzt nicht und dies gekoppelt mit den Erfahrungswerten einer lieben Freundin, die lange vor mir ihre Entscheidung getroffen hat, machte ich mich auf zu einem der Schweizer Spezialisten in Sachen Bariatrische Chirurgie.

Es folgte eine ausgiebige Untersuchung, eine noch längere Beratung und dann ein kleiner Marathon bestehend aus Ernährungsberatung, psychiatrischer Begutachtung und einer Magenspiegelung. Das Einzige, was fehlte, war meine Entscheidung. Und genau die folgte am 02. Dezember 2015. JA, ich will! Ich will einen Magenbypass und damit einen krassen Schnitt in meinem Leben und das im wörtlichen Sinne. Und NEIN – ich mache mir absolut nichts vor, was das angeht und JA – mir geht der Arsch auf Grundeis, aber die Entscheidung steht und ich bereite mich, so gut es geht, mental darauf vor. Aber vermutlich ist es wie mit dem Kinderkriegen – am Ende bist Du alles, aber sicher nicht vorbereitet.

Heute in fünf Wochen ist es soweit und ich schwanke zwischen Vorfreude und Panik. Aber vor allem ist da die Hoffnung auf Erleichterung, weniger Schmerz und eine Lebensqualität, die mir dieser Tage einfach abhanden gekommen ist.

Diese OP wird nicht die Lösung des Problems sein, aber sie ist eine Chance. Eine grosse Chance, mein Leben komplett zu verändern. Mich zu verändern und endlich zu der Frau zu werden, die einige Menschen schon länger in mir vermutet oder gar gesehen haben.

Ich habe Angst. Oh ja und wie. Vor dem Engriff. Den Schmerzen. Den Folgen. Dem neuen Lebensstil. Der Art, wie ich und andere mit meinem vermeintlich neuen ICH umgehen. Aber vor allem habe ich Angst vor dem, was unter meiner Schutzhülle, meinem Panzer, verborgen ist. Wer bin ich, wenn ich nicht dick bin??? Ich habe absolut keine Ahnung, denn ich kenne mich nicht nicht-dick.

Ich mache mich also auf eine Entdeckungstour. Auf eine Reise zu mir selbst und ich bin sehr gespannt, wen ich dort entdecke.

Ich bin froh und dankbar, Menschen in meinem Leben zu wissen, die stets MICH gesehen haben und nicht meine Figur. Die mich schätzen und lieben für das, was ich bin und sein kann. Genau diese Menschen werden es sein, die ich immer in meinem Herzen und meinem Leben bewahren werde. Und ich danke auch jenen, die der Meinung waren, dass ich es nicht wert sei, geliebt zu werden, weil ich dick oder gar fett bin. Sie haben mich eine Menge gelehrt. Doch am Ende zählen all die anderen nicht.

Am Ende zähle ich. Und dieses Ende ist mein Neuanfang. Der Countdown läuft und ich freue mich auf mein neues Leben. Ich freue mich auf jeden einzelnen Moment und auf all jene, die dieses Leben mit mir teilen werden. In welcher Form auch immer…

Die fetten Jahre sind vorbei!!!

 

2 thoughts on “Point of no return!

  1. Antje Hell says:

    Hallo meine Liebe,
    ich freue mich für dich dass du dich schon jetzt so gut mit deiner Entscheidung fühlst. Und weißt du was du entdecken wirst , einen ganz liebenswerten Menschen der es wert ist geliebt zu werden ob dünn, oder moppelig oder dick oder gar fett wie du sagst. Ich habe dich nie so gesehen wie du dich selbst siehst und ich kann dir sagen, deine Sicht auf dich tat mir beim lesen weh. Ich war richtig erschüttert – nicht über deine Entscheidung sondern über den Schmerz der sich dahinter verbirgt. Und Andrea Menschen die jemanden verlassen wegen dem Gewicht sind leere Hüllen die versuchen diese Hülle mit was auch immer zu füllen, aber glaube mir sie werden es nie schaffen.
    Ich wünsche dir für dein neues Leben (wie du es nennst) das was du dir wünschst und wünschte du könntest dich nur für einen Moment mit den Augen derer sehen die dich für das mögen und oder lieben was dich ausmacht. Für mich bist du ein toller Mensch.
    Ich drück dich
    Antje

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